17. Juli 2019
Klagelieder Jeremias / Threni
Die (durch die LXX) dem Jeremia zugeschriebenen fünf Klagelieder stammen von unbekannten Dichtern der Exilszeit). Sie geben Aufschluss über die Situation nach Zerstörung des Tempels; das erste Lied kann möglicherweise schon nach der ersten Deportation 597 entstanden sein. Die Lieder 1, 2 und 4 setzen mit dem Weheruf der Totenklage ein, daher hat das Buch seinen hebräischen Namen אֵיכָה, ’êkâ. Der auch übliche Name „Threni“ leitet sich von dem in der LXX gebrauchten, griechischen Wort für „Klagelied“ ab.
Die Perspektive der Lieder ist trotz aller Zerstörung die Hoffnung auf erneute Zuwendung Gottes. Man akzeptiert die Gerichtsbotschaft der Propheten, so findet sich in 3,40-42 ein Buß- oder Umkehr-Bekenntnis. Die Lieder sind wohl bei Klagefeiern gesungen worden, wie sie in Sach 7,3 belegt sind. Der Form nach handelt es sich um vermischte Gattungen, wobei die Grundgattung die des Klageliedes des Volkes ist, Kap. 3 ist aber ein Klagelied des Einzelnen. Die ersten vier Lieder sind alphabetische Akrosticha, d. h., dass jeder Vers mit einem Buchstaben des hebräischen Alphabets beginnt; in Kap. 3 sind es jeweils 3 Verse. Daher haben diese Kapitel 22 bzw. 66 Verse; in deutschen Übersetzungen ist das Stilmittel nicht sichtbar.
Ezechiel
Übersicht über das Ezechielbuch
1-24 Unheilsworte über Israel/Juda
25-32 Unheilsworte über Fremdvölker
33-39 Heilsworte nach der Zerstörung Jerusalems
40-48 Das neue Jerusalem
Wirksamkeit
Der Prophet Ezechiel („Gott möge kräftigen“; Namensform nach Luther: Hesekiel) war ein Priester, der mit der ersten Verbannung 597 nach Babylon deportiert wurde und dort von 593 bis ca. 571 gewirkt hat. Seine Verkündigung ist nach Sprache und Inhalt sehr typisch, zu charakterisieren als theologia gloriae: Ezechiel schreibt, um die Herrlichkeit bzw. den Glanz Gottes zu verkünden. Die typischen Merkmale sind auch von Ezechiels Schülern, die für die Komposition des Buches verantwortlich waren, beibehalten worden. Der Umfang der späteren Zufügungen ist umstritten. Die Sprache Ezechiels ist eindeutig priesterlich und steht der Priesterschrift, der Hauptredaktionsschicht in Gen-Num (1.-4. Mose) nahe, er selbst ist wohl bei Gottesdiensten unter den Exulanten aufgetreten (1,3), so dass er möglicherweise ursprünglich Kultprophet war. Wie auch Jesaja und Jeremia warnte er vor Aufstandsbewegungen gegen die Babylonier (Jesaja: gegen die Assyrer), 21,28-30. Ähnlich dem deuteronomistischen Geschichtswerk versteht Ezechiel das Exil als verdiente Strafe für den Abfall Israels zu anderen Göttern, Kap. 8. (more…)
12. Juli 2019

Verehrte Damen und Herren,
ich begrüße Sie zum Epilog der Vorlesung!
1. Die Parabel von der selbstwachsenden Saat (Mk 4,26-29)
Ich bin der Überzeugung, dass man das Extravaganzkonzept, welches Harnisch auf große Erzählungen beschränkte wie die Arbeiter im Weinberg, den barmherzigen Samaritaner, den Schalksknecht u. a. m., auch auf kleinere Parabeln anwenden kann, die als rhetorische Gattung der παραβολαί beachtliche Verbreitung besitzen. Wir sehen uns heute exemplarisch die Parabel von der „selbst wachsenden Saat“ in Mk 4,26-29 an. (more…)
6. Juli 2019

Mt 7,1-23
7,1ff ist zunächst selbstkritisch, die berühmte Gnome (Sinnspruch) von Balken/Splitter, nicht richten, damit … 7,6 das Heilige nicht vor die Hunde, Perlen nicht vor die Schweine, sonst … Gemeint ist wohl wie in 6,1ff kein Selbstruhm vor Anderen.
7,7ff wieder Schöpfungsvertrauen, bittet, so … Selbst die bösen Hörer*innen im Publikum geben ihren Kindern keine Steine anstelle von Brot. Beleg dafür, dass 5,13 eine captatio benevolentiae ist.
7,12: Goldene Regel: Zunächst ist festzuhalten, dass es sich um eine Auslegung der Heiligen Schriften der Juden* handelt. Ihr Sinn wird bestimmt und deshalb soll man derart handeln. Was hat es dann mit dem Gesetz und den Propheten auf sich? Ich soll mich selbst beobachten. Was sind meine Wünsche und Erwartungen? Möchte ich als der individuelle Mensch, der ich bin, akzeptiert und anerkannt werden? Dazu muss ich mich aber auch in die anderen Menschen versetzen: Ich soll ja genau dasjenige tun, was ich von anderen Menschen erwarte, dass sie gegenüber mir in bestimmter Weise handeln. Wenn ich die anderen Menschen gar nicht in ihrer Eigenart wahrnehme, kann ich auch keine realistischen Erwartungen ausbilden. Mithin geht es darum, dass ich die anderen Menschen als die mir fremden Menschen, die sie nun einmal sind, in meine Erwartungen und Handlungsoptionen einbeziehe. Entsprechend muss ich mich auch offen mit ihnen beschäftigen und auseinandersetzen.
7,13ff: Enger/weiter Weg, Wölfe im Schafspelz, Gerichtsszenario.
Es scheint möglich, im Kontext von 5,11f eine Verfolgungssituation zu unterstellen. Synagogenausschluss könnte zu einer Art Vogelfreiheit im Kontext des römischen Staates führen, Hypothese!
5. Juli 2019

Uni Heidelberg
Verehrte Damen und Herren,
heute geht es um die Bergpredigt. Gibt es noch Rückfragen zur zehnten Vorlesung?
1. Hinführung
Die „Bergpredigt“ in Mt 5-7 gehört sicher zu den eindrucksvollsten Texten. Sie besitzt in Lk 6 eine Parallele, die sogenannte „Feldrede“ – weil Jesus hier nicht mit seinen Schülern auf „dem“ Berg steht und zur Volksmenge spricht, sondern auf ebener Erde. (more…)
3. Juli 2019

Caravaggio, Die Berufung des Zöllners Zachäus (1600)
Lk 15,1-10
15 1Es kamen immer wieder alle, die beim Zoll beschäftigt waren und zu den Sündern gezählt wurden, zu Jesus, um ihn zu hören. 2Die Angehörigen der pharisäischen Glaubensrichtung und die Schriftgelehrten murrten und sagten: »Der akzeptiert ja sündige Leute und isst mit ihnen!«
3 Jesus aber erzählte ihnen folgende Parabel:
4»Gibt es jemanden unter euch, der 100 Schafe hat, und wenn er eines von ihnen verliert, nicht die 99 in der Wildnis zurücklässt, um dem Verlorenen nachzugehen, bis er es findet? 5Und wenn er es gefunden hat, so setzt er es voll Freude auf seine Schultern. 6Zu Hause ruft er seine Freunde und die Nachbarschaft zusammen und sagt zu ihnen: ›Freut euch mit mir: Ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war!‹
7Ich sage euch: So wird im Himmel mehr Freude sein über einen Sünder, der umkehrt, als über 99 Gerechte, die eine Umkehr nicht nötig haben.
8 Oder: Gibt es eine Frau, die zehn Silberstücke hat und eins davon verliert, die nicht eine Lampe anzündet und das Haus mit dem Besen kehrt und sorgfältig durchsucht, bis sie das Geldstück findet? 9Und wenn sie es gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und die Nachbarschaft zusammen und sagt: ›Freut euch mit mir: Ich habe das Silberstück, das ich verloren hatte, wieder gefunden!‹
10Ich sage euch: Genauso wird bei den Engeln Gottes Freude sein über eine sündige Person, die umkehrt.«
Liebe Gemeinde,
am dritten Sonntag nach Trinitatis geht es um die Umkehr, das wichtigste Anliegen bei vielen Schriftgelehrten im Judentum und in der Jesustradition. Luthers Übersetzung ist durch die Bußpraxis der katholischen Kirche bestimmt, aber Umkehr bzw. umkehren ist doch klarer als Buße tun.
Jesus isst und diskutiert mit Leuten, die als Unternehmer für den römischen Staat Steuern eintreiben und als betrügerisch oder korrupt gelten, was bei Pharisäern* und Schriftgelehrten* Anstoß erregt. (more…)